Weg von der Routine! Wie kleine Veränderungen dein Sexleben noch lustvoller machen können

Zwischen ,,Sex heißt für mich Orgasmus“ und ,,Ach, das ist doch nicht so wichtig/Ohne ist auch schön!“ gibt es in Wirklichkeit noch viel mehr. Manchmal ist es einfach wahnsinnig wichtig, einen Orgasmus zu haben; ein andermal kommt er unverhofft, und manchmal auch einfach gar nicht und das passt oder stört.

Schwierig wird es dann, wenn der Orgasmus-Druck kommt. Und zwar ziemlich egal bei wem: entweder der Druck, ihn jemand anderem zu bescheren (Hey, wer ist eigentlich für den eigenen Orgasmus verantwortlich? Mal miteinander diskutieren!) oder ihn doch gefälligst endlich selbst zu haben.

Mit Druck und Orgasmus ist es ungefähr so, wie wenn man über längere Zeit seine Faust ballt: Die Durchblutung wird verringert und die Knöchel werden ganz weiß. Übersetzt heißt das: Spannt sich der Körper an, wird steif (nein, nicht der Penis oder die Klitoris – die anderen Teile), und das über einen längeren Zeitraum und nicht im Wechselspiel mit Entspannung, dann kann es immer schwieriger werden, zum „Point of no Return“ zu kommen, an dem man weiß, dass man jetzt gleich vom Orgasmus überrollt wird.

Für viele ist Anspannung aber auch ein absolutes Hilfsmittel für Erregung und Orgasmus: durchgedrückte Beine, angezogene Zehen und eine hohe Muskelspannung bei der Selbstbefriedigung oder beim Sex kann ein ziemlich effektiver Modus sein. Gibt es kein Problem damit, dann ist das auch keins, sondern einfach der eigene Weg, in die Lust zu kommen.

Für manche hat dies aber auch seine Limitierungen, beispielsweise wenn sie dabei wenig Genuss-Gefühl erleben, es als Anstrengung erleben zu kommen oder im Gegenteil als unkontrollierbar schnell; andere stoßen hingegen an ganz praktische Grenzen, wenn sie es z.B. gewohnt sind, mit geschlossenen, zusammengepressten Beinen zu kommen – das Ganze dann aber beim Sex zu zweit mit geöffneten Beinen nicht mehr so einfach funktioniert.

Mini-Veränderung einbauen hilft! Auch bei der Selbstbefriedigung.

Übrigens ist es immer spannend, mal zu beobachten: Was macht mein Körper denn überhaupt, um mich in die Erregung zu bringen, die ich dann als Lust spüre? Mit eben dieser Frage beschäftigen sich Sexolog:innen, die sexualtherapeutisch nach Sexocorporel arbeiten: Ganz genau hinschauen (im professionellen Sinne natürlich: erfragen), wie eine Person auf der Körperebene beim Sex funktioniert, ob und wo (An)spannung da ist, welche Bewegungen gemacht werden, wie der Atem fließt und sich der Rhythmus verändert

KDenn die Quelle von Erregung, die wir dann z.B. als lustvoll, angenehm, kribbelig, stimulierend oder geil wahrnehmen können, ist unser Körper. Da wird die Erregung „gemacht“ und mit unserem Körper spüren wir auch die Lust! Und natürlich produziert unser Geist entsprechend dazu: Sex-Fantasien zum Beispiel. Oder alles Kognitive, das einem manchmal auch in die Quere kommen kann und sich so anfühlt, als könne man ,,den Kopf nicht ausschalten“.

Macht an euch rum und ändert mal eine Sache! Nur eine. Nehmt die andere Hand. Bewegt euer Becken ein kleines bisschen. Oder atmet zwischendurch bewusst tief durch.

Will man gerne noch mehr spüren oder endlich einen Orgasmus haben (sogar ohne Druck!), dann sind kleine Mini-Änderungen ein guter Beginn auf dem Weg zu einem passenden und noch befriedigerenden Sexleben. Gibt es wirklich einen Leidensdruck – und das vielleicht schon länger – dann ist es absolut hilfreich, in eine Sexualberatung oder -therapie zu gehen und sich gemeinsam und mit professioneller Unterstützung ein Bild davon zu machen (und ich sage euch: das sind wirklich neue Erkenntnisse!), was der eigene Körper da eigentlich so treibt und dann die ganz individuellen Zusammenhänge zu verstehen und Körper-Übungen an die Hand zu bekommen, die helfen.

An alle, die Lust auf was Neues haben und ihren Spürradius erweitern wollen, auch ohne zwangsläufig ein „Problem“ zu haben: Macht an euch rum und ändert mal eine Sache! Nur eine. Liegt ihr bei der Selbstbefriedigung immer am Rücken? Dann mal auf den Bauch, oder ins Sitzen, Stehen etc. Druck und Intensität verändern ist auch eine Idee.

Für alle mit Penis: Mal nicht die Hand auf und ab bewegen – sondern das Becken und damit den Penis in die Hand schieben. Könnte sich ganz anders anfühlen! Das gleiche Prinzip geht auch mit Vulva. Wenn Frau im Regelfall den Körper ganz ruhig hält und nur die Finger bewegt, kann man das umdrehen, und sich selbst an den Fingern, der Hand oder was auch immer bewegen. Oder sich mal Richtung Scheideneingang vorwagen, drunter, drüber, rein – whatever works und was auch immer sich gut anfühlt.

Mal ganz ganz langsam werden, mal so schnell wie möglich. Zwischendurch mal eine Pause einlegen und tief durchatmen. Und wer auf Achtsamkeitsmediation steht, kann ruhig mal ganz bewusst ins Geschlecht atmen. Das hat noch nie geschadet.

Das, was für euch funktioniert, wird einfach durch Gutes ergänzt.

Das Gute daran ist, dass man alles behalten kann und soll was man gerne mag, schon gut kennt und einen bisher angemacht hat. Und ein klein wenig von dem Neuen zwischendurch einschleust, um zu schauen, was sich da tut. Wenn man plötzlich alles komplett anders macht, wird das zwangsläufig erstmal auf Kosten der Lust gehen, denn der Körper ist gewöhnt an unsere Muster und weiß, welche Reize er mit Lust gelernt hat zu verknüpfen.

Wenn man also merkt: huch, das ist jetzt aber ganz schön anders und meine Lust haut ab, kann man sich einfach zurückbesinnen. Und kehrt dahin zurück, wo man abgebogen ist.

So oder so kann jede:r lernen, an bestimmten Stellen mehr zu spüren. Warum sonst hätten wir alle unterschiedliche ,,erogene Zonen“, wenn unsere Körper die nicht individuell entwickelt hätte. Kennt ihr den Film ,,Ziemlich beste Freunde?“. In einer Szene lässt sich der Protagonist Philippe, der gelähmt im Rollstuhl sitzt, von einer Sexarbeiterin die Ohren massieren und streicheln und spürt dabei sichtbar mehr als viele Menschen bei ganz anderen Massagen.

Neue erogene Zonen und neue erregende Berührungen und Bewegungen können gefunden und getauft werden

Worauf ich hinauswill: Neue erogene Zonen und neue erregende Berührungen und Bewegungen können gefunden und getauft werden. Und wo geht das besser und mit mehr Ruhe als beim Selbst-Anfassen und Selbst-Streicheln.

Dem zugrunde liegt die Annahme, dass der Körper lernfähig ist und ein ganz großes Repertoire beherrschen kann. So wie beim Klavier spielen: Hat man nur ein paar Töne zur Verfügung, dann wird man zwar schöne, einfache Melodien zustande bringen. Wenn man genau auf die steht – alles super.

enn man aber mal ausweichen muss (vielleicht ist eine Taste kaputt!), oder die Melodie-Optionen doch langweilig werden, kann man sich bewusst machen, dass es die ganze Klaviatur gibt. Zwischendurch mal eine schwarze Taste spielen ist da ein Anfang. Und je mehr Tasten man zur Verfügung hat, desto mehr unterschiedliche und komplexere Lieder können gespielt werden.

Und auch wenn man dann trotzdem die einfache bevorzugt – der Spielraum wird einfach größer. Also ran an den Körper, ans Streicheln, riechen, spüren, schmecken, bewegen und innehalten – damit wir unsere Lust genießen können.

Dieser Text ist bei imgegenteil.de erschienen